Grabstein des Monats Dezember 2017
Spreek je Nederlands? Während unseren Reisen über die Friedhöfe von heute verschlägt es uns hin und wieder auch ins Ausland. Dort lässt sich ergründen, ob die Entwicklungen, die wir in Deutschland feststellen, auch anderswo auftauchen. In den Niederlanden ist das offensichtlich der Fall – zumindest, wenn es um individuelle Gestaltungen geht, wie unser aktueller Grabstein des Monats beweist. Es handelt sich um eine originelle Versinnbildlichung für das Lebensende. Seine Inschrift drückt aus, was man auch ohne nähere Sprachkenntnisse erkennen kann – frei übersetzt lautet sie: »Der Vorhang fällt.«
Grabstein des Monats November 2017
Wagen Sie sich im Trauermonat November doch wieder öfter auf den Friedhof – dorthin, wo sich Hase und Mausele begegnen.
Grabstein des Monats Oktober 2017
Passend zum Oktober: Ein etwas verspäteter Gruß von der Wiesn. O‘zapft is!
Grabstein des Monats September 2017
Musik ist auf dem Friedhof immer häufiger im Spiel. Vor allem die klassischen Instrumente und Formen finden auf dem Totenacker zunehmend steinerne und bildhafte Repräsentationen. Neben der persönlichen Bedeutung, die die Musik für die einzelnen Lebenswelten der Verstorbenen gehabt haben mag, weisen musikalische Referenzen noch einen weiteren Vorteil auf: Musik ist eine Facette, die – anders als etwa die Religion und entsprechende Symbole – als eine ausschließliche positive Kulturleistung gilt. Ganz gleich, ob es um E-Dur, c-Moll oder um Musik ganz ohne Tonart geht!
Grabstein des Monats August 2017
Dass der Friedhof Geschichten erzählt, ist sicher nichts Ungewöhnliches. Diesen Ruf hat er nicht nur den modernen Gräbern zu verdanken, die auf unterschiedliche Weise aus den etablierten Traditionen heraustreten, sondern natürlich auch den älteren Ruhestätten, die schon seit etlichen Jahrzehnten bestehen. Zu dieser Kategorie zählt auch unser aktueller Grabstein des Monats: Auf den Friedhöfen vieler Küstenstädte finden sich heute noch gut erhaltene (oder zwischendurch restaurierte) Grabmahle von Seefahrern. Schnell merkt man, dass solche maritimen Denkmäler nicht eben schweigsam, sondern geradezu geschwätzig daherkommen und bisweilen recht abenteuerliche Geschichten parat halten. So auch in diesem Fall: Man sichtet nicht nur Geburts- und Sterbedatum sowie das schon fast obligatorische Schiff, sondern erfährt obendrein einiges über den Lebenslauf des hier zur letzten Ruhe gebetteten Kapitäns. Sein Stein berichtet von Schiffsreisen an die Westküste Südamerikas, nach Mexiko und Australien, von der Gefangenschaft nach dem ersten Weltkrieg – und von der Heimkehr zu Gattin und Kindern. In Zeiten, in denen die Urnenbeisetzung im Meer nicht nur für Seeleute, sondern auch für Landratten zur populären Alternative geworden ist, verleihen derartige Grabsteine, die unter Denkmalschutz stehen und für die auch Patenschaften übernommen werden können, dem Friedhof hohen kulturhistorischen Wert. Sie sind Zeugen individueller Schicksale und geben zugleich Auskunft über regionale Besonderheiten.
Grabstein des Monats Juli 2017
Anstelle der individualisierten Grabgestaltungen, die Sie sonst an dieser Stelle bestaunen können, ist unser Grabstein des Monats Juli verhältnismäßig spartanisch. Lediglich die Namen der Verstorbenen und ihre Lebensdaten sind zu sehen; weitere Details werden nicht genannt. Wer weiß, womöglich wird dieser Reduktionismus die Wandlungstendenzen in der Bestattungskultur als ›klassisches‹ Konzept überdauern? Denkbar ist auch, dass das schlichte Design irgendwann eine Renaissance erfährt und zum wiedergeborenen Trend wird. Gleichwohl ist es nicht unwahrscheinlich, dass dieses Modell in einiger Zeit eher zu den älteren Gestaltungsvarianten gezählt werden wird – gerade deshalb, weil es nicht berichtet, wer hier liegt und welche Lebensleistungen sich mit den gezeigten Namen verbinden lassen. Wer weiß, vielleicht war Herr Bourdieu sogar ein berühmter Wissenschaftler? Das wird den Friedhofsspaziergängern, die die Muse finden, kurz an seiner Ruhestätte inne zu halten, nicht verraten.
Grabstein des Monats Juni 2017
Für unseren aktuellen Grabstein des Monats wagen wir uns in die Höhle des Löwen! Denn nicht nur in der fernen afrikanischen Steppe oder im etwas näher gelegenen Zoo kann man den ›König der Tiere‹ bestaunen – auch auf dem Friedhof ist er ein gern gesehener Gast, der unter allen Tiergattungen, die man hier in Stein verewigt findet, buchstäblich einen Löwenanteil ausmacht. So unterschiedlich Lebensweisen heute sind, so unterschiedlich ist auch die Bedeutung die dem Löwen an diesem Ort zukommen kann. Ob als Fabelwesen, Sternzeichen, Kinoheld, Wappentier, als Verkörperung eines Sehnsuchtsortes oder schlichtweg als Symbol für menschliche Attribute (Tapferkeit, Willenskraft, Macht, Selbstbewusstsein etc.) – solche Darstellungsvarianten verraten etwas über denjenigen, der hier seine ›letzte Ruhe‹ gefunden hat.
Grabstein des Monats Mai 2017
Generationenunterschiede lassen sich nicht nur aus Jahreszahlen, sondern auch von Symbolen ableiten. Unser Beispiel zeigt die – gar nicht so seltene – Tendenz, neben den Namen und die Lebensdaten ein Zeichen bzw. eine Abbildung zu platzieren, die einerseits die Persönlichkeit der Verstorbenen sinnbildlich verdeutlichen. Andererseits handelt es sich um eine Strategie, die auf kompakte Weise Unterschiede zwischen ›Lebensführungsprozeduren‹ hervor heben: während bei Vater und Mutter Eisenbahn und Wollknäuel noch für traditionelle, auch geschlechtertypische Freizeitbeschäftigungen stehen, ist der ebenfalls hier beerdigte Sohn durch die Kappe gekennzeichnet. Sie ist weniger spezifisch, sondern vielmehr ein Symbol von Jugendlichkeit schlechthin – Rainer war, so scheint der Grabstein zu besagen, auch mit 64 Jahren vor allem dies: ein Sohn.
Grabstein des Monats April 2017
Dreidimensionale Darstellungen von Körpern fehlen auf kaum einem Friedhof. Im Gegenteil: gerade sie sind es doch, die zur friedhofstypischen Atmosphäre wesentlich beitragen. Traditionell handelt es sich um imposante Engel-, Maria- oder Jesusfiguren, die beinahe majestätisch auf den Gräbern thronen. Während derartige Werke in erster Linie stilisierten, ästhetischen und symbolischen Konzepten folgen, sind es heute zunehmend auch die Verstorbenen selber, die an ihrer Ruhestätte als Denkmal aus Stein, Bronze, Messing etc. erscheinen. Im Vergleich zu ihren klassischen Vorläufern fallen viele von ihnen durch eine erstaunliche Lebendigkeits- und Alltagsnähe auf. Der Tote wird so gezeigt, wie sich seine Hinterbliebenen an ihn erinnern wollen, etwa in bestimmter Kleidung, in einer bestimmten Pose und/oder mit einem bestimmten Gesichtsausdruck. Dank seines lebensgroßen Abbildes kann man so manchem Verschiedenen buchstäblich auf Augenhöhe begegnen – wie auch im vorliegenden Fall: ein freundlich dreinblickender Herr mit Mütze, Getränk und Zigarette. Solche mitunter recht aufwändigen Körperinszenierungen verleihen der letzten Ruhestätte Individualität und Wiedererkennungswert. Zugleich geht damit ein interessanter Trend einher: Der Verstorbene wird dort als Lebendiger dargestellt, wo sein Leichnam bestattet wurde. Man kann hierbei zwischen zwei Körpern des Toten unterscheiden: einem ersten Körper, womit die am Grab unsichtbar gemachte Leiche gemeint ist, und einem zweiten Körper, nämlich dem Körper der Erinnerung an eine lebendige Person.
Grabstein des Monats März 2017
Die Berge und die See – beliebte Naturlandschaften im Leben, und mittlerweile auch nach dem Tod. Die Zusammenstellung wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich, zumal nach dem Berggipfel nicht schlichtweg Wellengang, sondern ein ausgewachsener Wal zu sehen ist. Für gewöhnlich ist er eher unter Wasser anzutreffen, um der Darstellung willen sehen wir ihn hier aber oberhalb. Die Gravur folgt jenen Trends, die auf dieser Webseite bereits seit Jahren verfolgt werden: Säkulare Symbole und Motive lösen religiöse ab; anstelle des Jenseitsausblicks erfolgt ein Rückblick auf Lebensleistungen und -einstellungen; und der ›Grabtext‹ wird somit generell individueller und persönlicher. Wer den Verstorbenen gut kannte, wird die Verbindung zwischen Berg, Wal und Biografie identifizieren können; und wem dies nicht gelingt, der kann nur erahnen, dass eine solche Verbindung besteht.
Grabstein des Monats Februar 2017
Längst ist auf dem Friedhof der Übersichtsplan nicht mehr die einzige Karte, die man bestaunen kann! Wie unser aktueller Grabstein des Monats beweist, kann man sich auch nach seinem Ableben noch in die Karten schauen lassen. Tatsächlich nimmt die Spielkarte unter den beliebtesten Grabmotiven zu. Das erscheint plausibel, bedenkt man, dass mit dem Kartenspiel nicht nur eine frühere Passion angesprochen wird, sondern dass es durchaus als Sinnbild des Lebens fungiert: Mal hat man bessere und mal schlechtere Karten, mal muss man was riskieren und alles auf eine Karte setzen – und selbst wenn so mancher Traum zusammenfällt wie ein Kartenhaus, hat man bisweilen noch ein Ass im Ärmel.
Grabstein des Monats Januar 2017
Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern ein schönes neues Jahr – mit spitzer Feder und Schreibtischunterlage im Anschlag! Unser Grabstein des Monats präsentiert Utensilien, die in Zeiten der Tastatur nicht mehr ganz alltäglich sind. Überlebensgroß und dennoch gewissermaßen realistisch gestaltet prangen sie am Grabe eines Ehepaares, dem ein vergleichsweise langes Leben vergönnt war. Ob es einer schriftstellerischen Tätigkeit gewidmet war, ob die beiden passionierte Briefeschreiber waren, oder ob ein anderer Kontext hinter dieser Gestaltungsvariante steckt, lässt sich nicht sagen. Aber einmal mehr zeigt sich, dass moderne Gräber immer häufiger ein Design aufweisen, das vom Kanon der traditionellen Darstellungen abweicht – und das damit einer Ruhestätte Einzigartigkeit verleiht, selbst dann, wenn – wie hier – die eingebaute Versatzstücke an sich noch nicht sehr individuell daher kommen.